[9] Bonjour New Orleans

[9] Bonjour New Orleans

Senk ju for träweling with … Amtrak

30. August

Vielleicht war es nicht schlecht, dass die Polizei die Party gestern Abend beendet hatte, bevor wir uns auf den Weg zu ihr gemacht hatten, denn so bekam ich wenigstens genug Schlaf für den Tag, der vor uns lag.
Ich räumte morgens umher, packte meine Sachen, wusch Klamotten und sperrte mich darüber hinaus noch aus meinem Zimmer aus. Toll, dass fehlte mir ja gerade noch. Und ups, die Fahrkarten musste man ja noch ausdrucken.
Es war dann aber alles doch nicht so stressig wie befürchtet und zusammen mit anderen internationalen Studenten wurden wir nach Meridian, MS (ca. 45 Minuten) zum Bahnhof gebracht. Da wussten wir bereits, dass der Zug, der um drei abfahren sollte, drei Stunden Verspätung hat. Zum Glück konnten wir unser Gepäck zur Aufbewahrung geben und so durch die Stadt ziehen. Viel zu sehen gab es nicht, aber ein paar coole Ecken und das Mississippi Arts + Entertainment Experience, eine Ausstellung über bekannte Söhne und Töchter des Bundesstaates. Wir durften kostenlos reinschnuppern und es ist wirklich interessant gestaltet. War euch zum Beispiel bekannt, dass Morgan Freeman, Elvis Presley und Oprah Winfrey aus Mississippi stammen? Stefan und ich nahmen uns vor, auf jeden Fall nochmal hinzugehen.

Mal gschwind das Ohr aufs Gleis legen,
um zu hören, ob der Zug schon kommt
Erkundung alter, abgestellter Waggons
Inzwischen ein Biotop
Ich bleibe ein Kind 🙂

Nachdem sich die Abfahrt um eine weitere Dreiviertelstunde verzögerte, suchten Stefan und ich die nächste Bar auf und testeten verschiedene Biere. In Sachen Pünktlichkeit ist die Bahn hier noch schlechter als in Deutschland.

Jetzt sollte der Zug aber doch mal kommen!

Dann war es endlich soweit, der Zug fuhr ein. Auf die Bahnsteige durfte man nur mit gültiger Fahrkarte und die Schaffner teilten einem mit, auf welche Plätze man sich setzen sollte.
Höhengleiche Bahnsteige oder Niederflurfahrzeuge sind hier übrigens nicht zu finden, aber die Schaffner helfen jedem in und aus dem Zug, es werden Trittchen aufgestellt und so klettern auch die Omis die Stufen rauf und runter, hier hat man Zeit.
In den neueren Waggons ist es wirklich frostig, sodass sogar die Amerikaner sagen, es sei kalt (also perfekt für dich, Daniel 😉 ). Zum Glück saßen wir auf der Hin- und Rückfahrt in einem älteren Wagen.
Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich total begeistert von den Zügen bin. Die erste Klasse in Deutschland kann dagegen einpacken. Bequeme Sessel, die man weit zurückklappen kann ohne dass man den Hintermann einquetscht, Beinpolster wie beim Fernsehsessel, massig Platz. Bis auf ein paar Ausnahmen sind auch alle Sitze in Fahrtrichtung ausgerichtet. So konnte man die vier Stunden Fahrt gut aushalten, bis wir um 23 Uhr endlich das Ziel unserer Reise erreichten.
Im gemieteten Appartement fiel ich sogleich ins Bett, die anderen aßen noch etwas, da sie entgegen meines Rates, nichts zu Essen für die Fahrt mitgenommen hatten.

Einfahrt des Crescent (engl. Halbmond,
nach dem Spitznamens New Orleans)
Zurücklehen und entspannen

Un ville fantastique

31. August

Zu Fuß machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg in die Innenstadt, die wir nach einer halben Stunde auch erreichten. Wir liefen über Plätze und Boulevards, zum Mississippi und in ein Einkaufszentrum, unter Palmen und vorbei an tollen Gebäuden.

Canal Street
Typisches Haus im
Französischen Viertel
Für die Touris verkehren hier
natürlich auch Schaufelraddampfer

Irgendwann bogen wir dann in die berümt-berüchtigte Bourbon Street ein. Hier findet man wieder mal die Mischung sex, drugs and rock’n’roll – oder zumindest fast:

  • Sex Es gibt einige Stripclubs, auf den Straßen wird gerne Haut gezeigt und abends wird durchaus anzüglich getanzt. An jenem Wochenende fand auch das Southern Decadence in der Stadt statt (Regenbogenfest), wodurch besonders viele oberkörperfreie Männer und Paradiesvögel unterwegs waren. Manchmal standen so viele Menschen beieinander, dass man beim Passieren peinlichst versuchte, keinen haarigen, verschwitzen Bierbauch zu berühren – es gelang!
  • Drugs Der süßliche Duft nach Cannabis liegt alle paar Meter in der Luft und es wird viel Alkohol konsumiert; überall wird mittags mit Happy-Hour-Angeboten gelockt. Hier darf man in aller Öffentlichkeit trinken und das wird auch rege wahrgenommen. In New Orleans wurden viele Cocktails erfunden und sehr zu seinem Siegeszug beigetragen.
  • Rock’n’Roll In New Orleans muss man das durch Jazz ersetzen, gilt die Stadt doch als Wiege desselben. Auch wenn hauptsächlich die übliche Partymusik und aktuelle Lieder aus den Kneipen schallen, so erklingt doch immer wieder auch Jazzmusik und man sieht einige Jazzbars.
Mit Mikrofon und Plakaten auf verlorenem Posten:
Die Homogegner
Sehen und gesehen werden

Nachmittags stärkten wir uns im Café du Monde mit Beignets, ein mit Puderzucker überschüttetem Fettgebäck, besichtigten die Kirche St. Louis und setzten uns ans Ufer des Mississippi.

St. Louis am Jackson Square
Die Crescent City Connection über den Mississippi
Hatten wir Spaß? Seht selbst… 😀

Dann machten wir uns auf den Weg zu unserem Appartement, besorgten etwas zu Trinken und ein paar Snacks, bestellten etwas zu Essen und plantschten eine Runde im anlageneigenen Schwimmbecken.
Natürlich zogen wir danach nochmal in die Stadt, wollten wir die Bourbon Street doch auch bei Nacht erleben. Also Cocktail in die Hand und auf ins Getümmel. Überall wurde getanzt und gefeiert, auf den Balkonen standen Leute und warfen bunte Ketten in die Menge. Ein schöner und ausgelassener Abend.

Eine Mischung aus Reeperbahn und Ballermann;
in regelmäßigen Abständen hatte die
Polizei große Strahler aufgestellt
Unsere Truppe:
oben v. li. Erika, Manon, Coline, Tomo
unten v. li. ich, Stefan, Shohei
Mayu hat das Foto geschossen

Zurück in die Vergangenheit: Der zweite Weltkrieg und alte Technik

1. September

Als erstes besuchten wir heute das Nationalmuseum zum Zweiten Weltkrieg. Es war sehr spannend, diesen Krieg mal aus der amerikanischen Sichtweise zu sehen. Mir war zum Beispiel gar nicht so bewusst, dass sich auch die Zivilbevölkerung in den USA stark einschränken musste.
Ein paar Kleinigkeiten möchte ich hier erwähnen:

  • Der Marsch auf die Feldherrnhalle wird im Englischen Beer Hall Putsch genannt.
  • Mit Japanern und Deutschen waren in unserer Gruppe beide Verlierernationen vertreten.
  • Bei den deutschen Militärs wurde auch Erwin Rommel erwähnt (Generalfeldmarschall aus der Nähe von Ulm).
  • Im Museumsladen gab es auch eine Zweite-Weltkriegs-Edition des Spiels Monopoly mit Victory in Europe und Victory over Japan als Parkstraße und Schlossallee. Da bekommt die Aussage „Ich mach dich platt“ eine ganz andere Dimension.
Neckische Kleinigkeiten…
Ein Stück Heimat
…und beeindruckende Riesen
Auf dem Weg zum Sieg wurden die
verschiedenen Kampforte dargestellt,
z. B. Dschungel, Wüste, Wald

Danach aßen wir in einem typischen japanischen Restaurant und es war auch sehr lecker. Ich konnte mich leider nie durchsetzen, mal kreolische oder Cajun-Gerichte zu probieren und es ist mir auch schleierhaft warum das die anderen nicht wollten, aber es ist definitiv ein Grund, nochmal nach New Orleans zu fahren. 🙂
Wir trennten uns im Anschluss, was auch ganz gut war, denn bei mir bahnte sich der typische Gruppenkoller an. Ich war erst mit Stefan bei einem AT&T-Geschäft um endlich eine amerikanische Nummer zu erhalten. Bevor ich jetzt lang und breit von unseren Problemen damit erzähle: Uns konnte da natürlich nicht geholfen werden und auch spätere Erfahrungen zeigen: AT&T ist ein Saftladen.
Ich fuhr noch mit den historischen Straßenbahnen und bummelte ein bisschen durch New Orleans. Abends traf ich mich wieder mit den anderen im französischen Viertel und wir besuchten ein Jazzkonzert, was ich zwar etwas teuer fand, aber sehr schön war. Durch die Bourbon Street ging es dann später auch wieder heim.

„Das Hinauslehnen
während der Fahrt…“

Zurück ins Körbchen

Labor Day – 2. September

Nach kaum drei Stunden Schlaf standen wir um fünf Uhr in der Früh wieder auf. Bevor der Zug um sieben Uhr abfahren würde, mussten wir noch unsere Sachen packen, das Appartement säubern, uns etwas zum Frühstücken besorgen und zum Bahnhof kommen. Wir schafften alles rechtzeitig und bestiegen den Zug, der auch pünktlich abfuhr. Kaum losgefahren, fielen die meisten von uns natürlich auch in den Schlaf. Den restlichen Tag passierte auch nicht mehr viel, ich hielt ein „kurzes“ Nickerchen von dreieinhalb Stunden und dann ging es auch schon bald ins Bett. 😀

Ein klassisches New Orleanser Wohnhaus
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