#31 Zwei Wochen CIP

#31 Zwei Wochen CIP

„Office of Congressman Steve Chabot, how may I help you?“ Dieser Satz prägt meinen Alltag im Moment wie kein anderer. Aber ich fange lieber am Anfang an. In den letzten zwei Wochen ist so unglaublich viel passiert. Ich kann kaum fassen, dass schon Februar ist und das Praktikum im Congress in vier Wochen vorbei ist.

Um 5:00 Uhr morgens hat Andy mich am 20. Januar zum Flughafen gebracht. Da Martin Luther King Day ein federal Holiday ist, war das ein perfekter Tag um anzureisen. Ich wäre gerne einen Tag früher angereist, um meine neue Hostfamilie etwas mehr kennenzulernen, aber ich war so auch um schon 9 Uhr morgens in D.C. gelandet. Wie ich bereits in meinem vorherigen Beitrag erwähnt habe, wohne ich im Fairfax, Virgina. Mike arbeitet seit kurzem für Cultural Vistas und Nora in einem Krankenhaus. Mit Uber bin ich dann zu meinem neuen temporären Zuhause gefahren und wurde von Mike und den beiden Hunden in empfangen. In die Hunde habe ich mich schon verliebt, ich habe es so vermisst einen Hund um mich zu haben und nachdem ich festgestellt habe, dass ich wahrscheinlich allergisch gegen Katzen bin, finden meine Augen eine Pause von Andys Katzen wirklich gut!

Der Montag war von einem Nap und Kennenlernen von Mike und Nora geprägt, abends waren wir von Max und Cultural Vistas zu einem Kennenlerndinner in Washington D.C. eingeladen. Dort haben wir fünf uns dann auch wiedergesehen und alle anderen Hostfamilien kennengelernt. Niko und Felix hatte ich seit New York City nicht mehr gesehen.

Dienstag morgen hieß es dann früh aufstehen. Wir haben uns mit Max, dem Leiter von CBYX bei Cultural Vistas und dem Chef von Cultural Vistas zum Frühstück getroffen. Zusammen sind wir zum State Department gegangen. Für alle, die es nicht oder nicht mehr wissen: das Programm wird vom Deutschen Bundestag und dem Amerikanischen Congress finanziert. Das State Department in den USA ist dabei der ansprechpartner für alles rund ums Visum und „so richtig offizielle“ Dinge. Im State Department haben wir dann die zuständigen Mitarbeiter für das Programm, aber auch eine Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft in Washington. Beim gemeinsamen Mittagessen mit Blick auf das Washington Monument haben wir über Sightseeing, unsere bisherigen Erfahrungen in den USA und witzige deutsche Worte wie „Knüstchen“ gesprochen. Die Runde war wirklich sehr nett und locker, es war ein gelungener Start in das Praktikum.

Mitarbeiter des State Department, Cultural Vistas und wir während unseres Orientation Day im State Department
Mittagessen im 8. Stock!
Max, das Uber und das Capitol
1. Tag!

Das State Department hinter uns gelassen, hat Max uns dann in den Büros abgeliefert. Um zwei Uhr Mittags war ich dann auch schon in den Räumen von Congressman Steve Chabot angekommen! Ich hatte im Vorfeld ein kleines Telefoninterview mit Austin und hatte so wenigstens einen namen, mit dem ich auch etwas anfangen konnte. Austin hat mich allen Mitarbeitern vorgestellt und wir sind die allgemeinen Abläufe im Büro zusammen durchgegangen. Mein Abgeordneter war die gesamte Woche in Cincinnati, weil der Congress keine Sitzungen hatte und so saß ich mit Austin im Büro von meinem neuen Boss und habe mir die vielen Bilder und Figuren angeschaut. Die erste Woche war viel von Namen merken und Wege und abläufe kennenlernen geprägt. Das House of Representatives hat 435 Abgeordnete, die alle mehrere Mitarbeiter und teilweise fünf Praktikanten gleichzeitig beschäftigen. Verteilt werden die Büros auf mehrere große Gebäude, die von Außen so ziemlich gleich aussehen, wenn man nicht weiß, wo man hin will! Der große Vorteil: ein Tunnelsystem verbindet die Gebäude und selbst zum Mittagessen muss man die Gebäude nicht verlassen. Selbst Subway und Dunkin Donuts haben eine Filiale. Die Gebäude sind während des Tages für die Öffentlichkeit zugänglich. Die State Capitol Police hat Security Check-Ins, die jedoch ohne Ausweis durchquert werden können.

In meinem Büro arbeiten sechs Staffer, es gibt einen Chief of Staff und einen Staff Assistant. Bonus bin ich, haha! Ich bin die erste Person, mit der Leute sprechen, wenn sie im Büro anrufen. Dabei ist es egal, ob es die Menschen aus dem Wahlbezirk oder andere Mitarbeiter sind, die anrufen. Ich leite Anrufe weiter und trage die Meinungen und Kommentare von „constituents“ in eine Tabelle ein. Ich sortiere außerdem Post, bin für das Verschicken und Aussuchen von Kinderbüchern zuständig und mache so ziemlich alles, was mir in die Hand gedrück wird. In meiner ersten Woche war der Life for March in Washington D.C., wo auch zum ersten Mal der President gesprochen hat. Meine Abgeordneter hat zusammen mit einem anderen Abgeordneten aus Ohio im Anschluss eine reception veranstaltet. Wenn man sich angemeldet hat, hat man ein kostenloses essen von Chick Fil-A bekommen. Brad Wenstrup und Steve Chabot haben außerdem beide eine Rede gehalten. Beide sind Republikaner und sind konservativ. In den USA gibt es zwei Meinungen zu Abtreibungen, die sehr öffentlich getragen und unterstüzt oder eben nicht unterstützt werden.

Ingesamt ist es wirklich interessant für einen Politiker zu arbeiten, dessen Meinung man nicht unbedingt teilt oder befürwortet und das Praktikum hier wird deshalb umso interessanter. Mein Büro weiß zudem, dass die deutschen Praktikanten nicht immer die gleichen politischen Ansichten vertreten, aber schätzen den kulturellen Austausch sehr. Da Chabot im Foreign Affairs Committee sitzt, hat das Büro öfter mal Prakitkanten aus Asien. Er unterstützt unser Programm bereits seit Jahren und nimmt jedes Jahr einen Praktikanten von CBYX. Selbst, wenn dieser nicht im Distrikt lebt. Und das ist wirklich toll! Ich finde meinen Abgeordneten wirklich sympatisch, man kann sich leicht mit ihm unterhalten, aber ich denke als Politiker ist das auch ein Teil des Jobs. Ein kleines Highlight meiner ersten Woche war definitiv eine kurze Tour durch das Capitol mit Erick (auch Mitarbeiter). Die zweite Woche war dann etwas hektischer für alle, denn der Congress hat wieder mit Sitzungen begonnen. Interessant ist das Klingelsystem in den Büros. Verstehen werde ich es wahrscheinlich nie, aber jeder Abgeordnete weiß dann, dass er ins Capitol muss und selbst die Uhren haben kleine Lampen, um zu zeigen wie oft es schon gesurrt hat. Eins steht definitv fest: es ist immer was los und es gibt immer etwas zu lernen und zu sehen.

Ich war zu früh am zweiten Tag, die Tür war noch zu.
Der morgendliche Stapel Zeitschriften, das gute Telefon, was manchmal sehr oft klingelt und meine Turnschuhe. Auf dem Weg zu Arbeit sind die einfach bequemer!
Das Büro von Steve Chabot, im fenster sieht man einen Teil des Capitols. Wenn man reinläuft sieht man die gesamte Kuppel.

Am Wochenende bin ich mit den anderen dann auf die erste Sightseeingtour in Washington D.C. gegangen. Das Smithsonian hat viele Musueen, die alle kostenlos sind und so hieß unsere erstes Ziel: National Museum of Natural History. Ein riesiges Naturkundemuseum, wirklich beindrucken und sehr informativ. Ich war begeistert von den Mineralien und Edelsteinbereich, es glitzerte einfach überall! 😀 Am Nachmittag waren wir dann im Hirschhorn, welches Moderne Kunst ausstellt. Ich kann mich sehr Museen begeistern und bin deshalb umso glücklicher, dass das Ganze umsonst ist!!

Sonntag sind wir dann die großen Monumente abgelaufen, die man sonst nur aus dem Fernsehen oder Nachts im Museum 2 kennt!

National Museum of Natural History
Die Dinoausstellung lässt Kinderherzen höher schlagen!!
Der Stein war einfach so schön, habe da bestimmt fünf Minuten gestanden.
Die Mineralien im Hintergrund war ja hübsch, aber der Man hat erklärt wofür das Ganze gut ist und hat mich daran erinnert, dass Babypuder auch nur ein gemahlener „Stein“ ist.
„The Mall“, hinten ist das Capitol zu sehen. An dem Tag war es windig und kalt. Jogger in kurzer Hose und Tanktop gab es dennoch. Kommentar von einem Mann: This ist not even cold for D.C. It gets REAL COLD here!
Wenn ein Museum für Moderne Kunst nicht einen Mitmachbereich hat, dann ist es kein Museum für modere Kunst: Niko und Felix bei der Arbeit
Selbst ein Bild von Jackson Pollock hängt hier
Washington Monument
Die „Mall“ mit dem Capitol hinten in der Mitte
Blick Richtung Mirror Lake aus dem Washington Monument
Wenn man im Monument wieder nach unter fährt wird das Innere gezeigt
Word War II Memorial mit Blick auf das Lincoln Memorial
„FOOOREEEEST!! JENNY??!!!“ Wer die Szene nicht im Kopf hat, wenn er den Mirror Pool sieht, dann weiß ich auch nicht mehr weiter!
Das Lincoln Memorial erinnert mich an das Parthenon in Nashville, aber das hier war beeindruckender und schöner!
An dieser Stelle hat Martin Luther King Jr. die berühmte Rede „I have a dream“ gehalten!
Abraham Lincoln schaut auf das Washington Memorial.
Korean War Veterans Memorial. Die Gesichter sind eingraviert und wirklich detailliert!
Korean War Veterans Memorial
„Freedom is not free“ am Korean War Veterans Memorial
Martin Luther Kind Jr. Memorial
Das Jefferson Memorial wird derzeigt renoviert/ gereinigt.
„I have sworn upon the altar of God eternal hostility against every form of tyranny over the mind of man.“ – Thomas Jefferson

Woche 2

Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz in Deutschland, gab es auch im Congress meherer Veranstaltungen. Ich bin zu einem Hearing des Foreign Affairs Committee gegangen. Thema war Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa heute. Eingeladen waren mehrere Experten, unter anderem Holocaustüberlebender Dr. Alfred Münster. Die Abgeordneten im Committee konnten fragen stellen und viele der Abgeordneten sind perönlich von Antisemitismus betroffen, weshalb das Thema Schwerpunkt der Diskussion war. Man hat wirklich gemerkt, dass das Thema für die Abgeordneten sehr wichtig war, eine Frau hat während ihrer Rede sogar angefangen zu weinen, was ich wirklich nicht erwartet habe. Die gesamte Veranstaltung war sehr gut besucht, auf meinen Bildern sieht das leider nicht so aus, ich war nämlich typisch Deutsch und zu früh da! 😀

Hearing im Committee for Foreign Affairs

Am Donnerstag hatte ich Geburtstag und Dank Caro und Niko konnte ich einen einzigartigen Geburtstag feiern! Wenn man das Weiße Haus besuchen möchte, muss das über das Büro eines Congressabgeordneten laufen. Caros Büro hat das möglich gemacht und so standen wir um 7:30 Uhr vor den Türen des Ostflügels des Weißen Hauses und durften durch offiziell genutzte Räume laufen. Von meinen Kollegen wurde ich mit einer Karte überrascht auf der alle unterschrieben haben und von Erick habe ich sogar einen Cupcake bekommen (das habe ich erst später herausgefunden, weil ich seine Initialien nicht kannte und einfach dachte, dass das ein normale Abkürzung für irgendwas ist: manchmal Frage ich mich wie ich mein Abitur bekommen und einen Ausbildung abgeschlossen habe). Abends wurden wir dann durch das Büro von Niko in den Capitol Hill Club eingeladen. Im diesem Club treffen sich Republikaner zum Networken, aber es werden auch Lobbyisten eingeladen. Am Ende des Abends hatte ich zwei Geburtstagkuchen von zwei verschiedenen Leuten bekommen und sogar eine Flasche Wein. Es war ein cooler Geburtstag, auch wenn ich ihn nicht mit meiner Familie in Deutschland verbringen konnte.

John F. Kennedy und Konrad Adenauer
In diesem Raum sollen 140 zusammen essen können. Ich weiß nicht wirklich wie das funktionieren soll.
Stevie Wonder, Elton John und mehr haben schon an diesem Flügel gespielt!
Die Räume werden ganz normal genutzt, wenn Touris nicht da sind. Teppiche werden wieder ausgerollt und der „Alltag“ ist wieder da.
Und hier ist auch Erick
Der Kuchen war wirklich gut! Habe sogar noch ein zweites Stück bekommen, was ich mit nach Hause genommen und Nora gegeben habe.

In Zeiten des Impeachment von Donald Trump ist es natürlich doppelt spannend „am Hill“ zu arbeiten. Obwohl das Impeachmentverfahren jetzt im Senat ist, rufen täglich mehrere Leute an, um ihrer Meinung zum Verfahren an ihren Congressabgeordneten weiterzugeben. Die Mails und Anrufe drehen sich aber auch um alltägliche Dinge wie Bitten um Unterstützung, wenn es Probleme mit Behörden gibt.

Allgemein muss ich zugeben, dass die Tage recht lang sind. Ich versuche oft mit meiner Hostmom zur Metrostation zu fahren, was bedeutet, dass ich um 5 Uhr aufstehe und bereits um 7:30 im Bürogebäude bin. Anfangen muss ich aber erst um 9 Uhr, die Zeit nutze ich dann oft, um in Deutschland anzurufen. Zeitverschiebung ist dann manchmal doch recht praktisch!

So viel zu den ersten zwei Wochen! Stellt einfach fragen, wenn ihr welche habt! Manchmal ist es schwer alles in einen Beitrag zu packen, der nächste Beitrag enthält noch mehr zu meiner Arbeit im Büro und was bis dahin noch alles passiert.

Es geht weiter im Abendteuer CIP und America, ich halte euch auf dem Laufenden so viel es geht.

See you soon!

Hannah

Ein Gedanke zu „#31 Zwei Wochen CIP

  1. Finds so spannend, was du gerade alles erlebst & solche Hintergrundinformationen zu lesen.
    Gern mehr Informationen wie Kleiderordnung, Sicherheitskontrollen, wie viel man von den Touristen im Arbeitsalltag mitbekommt, wie lange du täglich dort bist, Freizeit etc 🙂

    War im Sommer auch in DC & es ist irgendwie cool jetzt auf Bildern mal zu sehen, wie zb ein Büro von innen aussieht (nachdem man im Capitol die Büros von außen gesehen hat) oder private Bilder vom weißen Haus, wenn man selbst vor der riesigen Absperrung stand!

    Generell machst du wirklich schöne Bilder & der Ausblick sowohl vom Büro als auch vom Monument aus ist wirklich ein Traum!

    Hoffe du kannst jede Sekunde genießen, auch wenn es irgendwie vermutlich nach ein paar Tagen „normal“ ist – oder nicht?

    Empfehlung: National Air and Space Museum

    Ganz liebe Grüße 🙂

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