Ich besuche einen Geschichtskurs, in dem es ausschließlich um John F. Kennedy geht. Wie kann man ein halbes Jahr darüber vor seiner Klasse reden, ohne, dass sich irgendwas wiederholt? Richtig, man muss richtig im Thema sein. Und das ist mein Lehrer scheinbar auch, denn er durfte an JFKs Todestag am 22. November in Dallas (Ort, an dem alles passiert ist), eine Rede halten, bei der auch Zeugen, Freunde, Verwandte, (andere) Verschwörungstheoretiker sowie Politiker gesprochen haben. Dallas steht sowieso auf unserer Liste, weshalb wir eigentlich für das komplette Wochenende nach Dallas wollten, um für 50$ Eintritt noch mehr Verschwörungen hören zu können als im Unterricht eh schon.
Eigentlich wollten Nikolas, Mo und ich also den weiten Weg nach Dallas (gut 12 Stunden Fahrt) auf uns nehmen, auch wenn unser Lehrer uns für verrückt erklärt hat, so weit zu fahren, doch dann ist Nikolas was dazwischen gekommen, sodass er samstags wieder Zuhause sein musste…
Im Umkreis gibts nicht mehr ganz so viel zu entdecken, weshalb unsere Wahl dann auf das eigentlich 6 Stunden entfernte Kansas City gefallen ist. Kansas City liegt sowohl in Missouri, als auch in Kansas und ist bekannt für Barbecue und Brunnen. Das wars dann aber auch.
Nachdem ich abends meinen Rucksack von Seattle ausgeräumt hatte und alles gewaschen hatte, konnte ich also direkt danach die noch warmen Sachen gleich wieder in meinen Auswanderer-Rucksack legen. Morgens um 6 hat Nikolas uns dann alle mit seinem Auto mit zwei schnieken „Flügeltüren“ abgeholt – wer hinten sitzen muss ist gestraft für immer, denn Platz gibts keinen, man muss unter dem Gurt durchkrabbeln und die Fenster sind ungefähr so groß und sauber wie ein Geodreieck nach 5 Jahren im Mäppchen. Das perfekte Roadtrip-Auto also – nicht!
Blog schreiben stellt den einen oder anderen vor eine größere Herausforderung, weshalb auf der Hinfahrt zur Inspiration mein letzter Blogeintrag laut vorgelesen und kommentiert wurde. Ok, schreibt erstmal euren, dann reden wir weiter, Kinder. Einmal ist Nikolas über einen Bahnübergang geprescht und eigentlich hatte jeder erwartet, dass das Auto im nächsten Moment nicht mehr weiter fährt, aber alte Schrottis sind scheinbar doch stabiler als gedacht.
Auf ungefähr halber Strecke lag Jefferson City – Hauptstadt von Missouri. Direkt auf dem Weg lag es nicht, aber da wir ja irgendwie immer die State Capitol abklappern, war das mehr oder weniger unsere erste Station. Allerdings war das Capitol in weiße Folie gehüllt, von außen also nicht so ansehnlich. Beim Durchschlendern wurden wir dann angesprochen, dass wir uns auch das Office vom Governor anschauen könnten. Das wäre einmalig in den USA, weil kein Governer das erlauben würde. Nach dem Entdecken einer Fortuna Düsseldorf Kappe (war wohl in Deutschland im Sommer) und dem Stibitzen von Bleistiften ging es dann weiter Richtung Kansas City. Wobei, nein. Momo hatte rausgefunden, dass irgendwo auf dem Weg ein Raketensilo sein muss. Feldwege, ungefähr so gut wie in Olney, haben uns dann zu einer abgesperrten Wiese geführt. Hätte ja auch keiner gedacht, dass sowas abgesperrt, aber vor allem auch unterirdisch ist!
Nächster Stopp war Independence. Independence liegt östlich von Kansas City und ist unter anderem für den Independence Tempel bekannt, also das Gotteshaus der Gemeinschaft Christi, die die zweitgrößte Mormonengemeinschaft der Welt bilden. Das Ganze war schon ein bisschen komisch, man musste sich in ein Gästebuch eintragen (eigentlich ist das ja freiwillig) und Nikolas hatte Angst, irgendwann mal in einem Report oder einer Liste aufzutauchen, weshalb er schnell mal meinen Nachnamen annahm, um nicht zurückverfolgt werden zu können. Müller wäre auch gut gewesen, aber nunja. Nach einem kleinen Spaziergang durch so manch dunklen Gang waren wir aber relativ schnell wieder draußen, und wollten eigentlich zum Harry S. Truman Museum, das aber leider geschlossen war.
Also ging es, wer hätte es anders gedacht, erstmal zu den Stadien der in Kansas City beheimateten Sportmannschaften. Die Stadien sind ja eh meistens geschlossen, wenn wir irgendwo sind, weil wir immer das Glück haben, dass gerade Bye Week ist, aber die Fanshop sind meistens geöffnet. Und es wäre ja langweilig, wenn man nicht mal in jeder Stadt ermahnt wurde, dass man bitte im Shop nicht mit dem Ball werfen soll…
Nach 11 Stunden (!) waren wir dann in Kansas City – da hätten wir auch nach Dallas fahren können!
Unser airbnb war super günstig und gar nicht mal so unzentral, aber es war ziemlich kalt, weshalb wir mit einem Uber für 5$ Richtung downtown gefahren sind. 5$?! In anderen Städten kostet es manchmal 25$! Naja, auf Anraten hin von einem Mitschüler, der aus Kansas City kommt, sind wir zu Jack Stack gegangen, um Barbecue zu essen. Wir haben uns ne Platte mit Pulled Pork, Ribs, Beef Burnt Ends und Hot Wings geteilt, war aber mal so gar nicht meins. Hätte ich eigentlich schon vorher gewusst, aber wenn das das Einzige ist, wofür Kansas City bekannt ist, dann wollte ich es ja doch mal probiert haben, und satt geworden bin ich ja trotzdem.
Nach einem kurzen Walk über den Missouri River ging es dann zurück ins airbnb. Zum Glück hatte noch ein Supermarkt auf und ich konnte mir Ohrstöpsel kaufen, ansonsten wäre ich in der Nacht vermutlich mal wieder wegen Holzfällarbeiten wahnsinnig geworden.
Nach einem Bagel gings dann auf E-Scootern bei -3 Grad und Wind durch die Stadt, bis dann die Hände blau und quasi festgefroren waren. Irgendwie mussten wir uns ja die Zeit vertreiben, bis um 10 Uhr Amerikas größtes Museum über den ersten Weltkrieg aufgemacht hat.
Leider gab es keinen Studentenrabatt und der Satz „Wir sind Deutsche, ohne uns würde es das Museum vermutlich gar nicht geben“ war uns dann doch ein wenig zu makaber. Nach drei Stunden und dem Deutlichgemachtwerden, dass die Deutschen mehr oder weniger dran Schuld sind, dass die Army in den USA heute das ist, was sie ist, ging es noch auf den Liberty Memorial Tower, also einen Aussichtsturm, auf dem Tag und Nacht ein „Feuer“ brennt, das an die Veteranen erinnern soll… Der Ausblick war nicht so toll – einerseits war das Wetter nicht das Beste, andererseits gab es wirklich nicht sonderlich viel zu sehen.
Nach einem Mittagessen in Kansas City auf Kansas Seite, wo Mo mir Ranch und Honey Mustard bestellt hat, nachdem ich einmal bei ihm dippen wollte, und mir daraufhin ein Dollar extra berechnet wurde (danke Mo, du kriegst auch nie nochmal was von mir) haben wir uns dafür entschieden, nach Topeka zu fahren. Wobei, die Entscheidung fiel ungefähr 10 mal, mal für und mal gegen Topeka. Topeka liegt eine Stunde westlich von Kansas City, heißt also, der Heimweg würde sich um 2 Stunden verlängern.
Eigentlich war es schon beschlossene Sache, heimzufahren. Nikolas’ „Momo, gib mal Topeka bei Maps ein“ wurde erst nur als Spaß aufgenommen, war dann aber wohl Ernst und wir sind tatsächlich in Kansas’ Hauptstadt gefahren, um das State Capitol zu besichtigen.
Falls sich jetzt jemand fragt, ob sich die verschiedenen State Capitol irgendwie voneinander entscheiden, und ob es sich wirklich lohnt, überall hinzufahren – nein, eigentlich nicht. Aber man kann sagen, man war mal da. Und man kann auf saubere Klos gehen und es gibt Wasserspender.
Eigentlich war Schnee vorhergesagt, auf dem 8 Stunden Heimweg gab’s dann aber nur ein bisschen Regen, die neusten Malle-Lieder, das beste aus Rock und Pop aus den 2000ern sowie Mc Donald’s Milkshakes, die eher Milk pur waren. Ungefähr 5 mal gab es zu hören „Mo, sei doch nicht so cholerisch“, und er schrie „ich bin doch gar nicht cholerisch!!1!!1“. Ab und zu wurden die Fenster runtergemacht, um Abgase nach draußen zu lassen und am Ende wurde das Auto sogar noch sauber gemacht! Wer macht denn sowas?
Wider Erwarten waren wir dann also schon gegen Mitternacht Zuhause.
Ein 40 Stunden Ausflug mit 20 Stunden Autofahrt? Kann man mal machen, muss man aber nicht.
Falls sich wer ein „Waren die schon wieder unterwegs?“ nicht verkneifen kann – nächste Woche ist Thanksgiving. Gewichtszunahme ist also incoming, und wer weiß, vielleicht passen wir nach dem Wochenende nicht mehr alle in ein Auto. Die Woche drauf haben wir dann Abschlussprüfungen, und danach gehts dann endlich wieder auf große Reise!