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Period of blog time: 03/10/20 – ??/??/??
„How lucky I am to have people that make saying goodbye so hard.“
-Nikolas Kreß, 2020
Ich habe mich schon Tage lang um diesen Blogeintrag gedrückt, denn dieses mal wird es nicht, wie sonst immer, um mein sorgenfreies und unbeschwertes Leben in den USA gehen. Vielmehr beschäftigt sich dieser, wahrscheinlich finale, Blogeintrag mit den letzten Tagen in Olney, der Mitteilung des Programmabruchs und der Rückreise sowie dem „Einsettlen“ back in Deutschland. Also Country Playlist bei Spotify angemacht und losgelegt.
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I’ve been avoiding this blog entry for days, because this time it won’t be about my blithe and nonchalant life in the USA, as my blog entrys usually are. This will most likely be my last blog entry. It deals with my last days in Olney, the announcement of the program termination and the return as well as the settling in process in Germany. While writing I listened to all the good country songs which made me shed tears immediately.
Back to normal in Olney, IL (at least for a week or so):
Nachdem ich aus Washington D.C. zurück nach Olney gekehrt bin hatte ich erstmal einige Tage frei. Als Austauschstudent hat man schon ein hartes Leben, weshalb ich mir die zwei Tage Urlaub definitiv verdient habe hehe. Meine Tagesaufgabe bestand darin unserem neuen Hund, namens Mei Mei oder Mae Mae (genaue Schreibweise war niemanden bekannt), an die neue Umgebung, unser Haus und mich zu gewöhnen. Außerdem ist jedem in unserer Familie aufgefallen, dass Mei Mei schon tagelang nicht mehr groß gemacht hat. Also änderte sich meine Tagesaufgabe dahingehend als dass ich dafür sorgen sollte, dass unser neuer Mitbewohner doch endlich einmal einen schönen großen Hundehaufen macht, wenn möglich draußen und nicht auf dem Teppich im Haus. Garnicht so einfach sage ich euch! Im Minutentakt bin ich mit dem Köter nach draußen gegangen, habe ihr zugeredet, bin mit ihr durch die Gegend gerannt (Bewegung und Sport bringen bekannterweise den Stoffwechsel in Schwung – zumindest bei mir) und stand kurz davor ihr praktisch vorzumachen was ich von ihr wollte. Allerdings haben wir Überwachungskameras überall um das Haus herum und meine Hosteltern haben mir schon gesagt, dass praktische Vorführungen des Stuhlgangs gespeichert und, wenn von Nöten, später gegen mich verwendet werden. Also habe ich davon abgesehen, zum Glück von allen Beteiligten. Beim 57. Mal hat es dann endlich geklappt! Unser Hund hat keine oder nur leichte Verdauungsprobleme womit wir nicht zum Tierarzt müssen. Achtung das folgende Beweisfoto ist für Leser unter 18 Jahren nicht geeignet:
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After I returned home from Washington D.C. I had a few days off. As an exchange student, you already have a hard life, so I surely deserved those two days off. My daily task was to help our new dog, named Mei Mei or Mae Mae (nobody knows the exact spelling), to get used to the new surroundings, our house and me. Everyone in our family noticed that Mei Mei hadn’t pooped for days. So my daily task changed in that way as that I was responsible for making her finally poop, if possible outside and definitely not on the carpet inside the house. Not the easiest task to take I can tell you that! Every minute I went outside with the dog, talked to her, ran around with her (exercise normally helps to get the metabolism going – at least for me) and was almost about to show her practically what I wanted her to do. However, we have surveillance cameras all around the house and my host parents already told me that practical demonstrations will be saved. At the 57th time, it finally worked! Our dog has no stomach issues and we do not have to take him to the vet. Attention! The following proof photo is not suitable for readers under 18 years:
Neuer Job // New job:
Der zweite Teil des Austauschprogramms verfolgt das Ziel praktische Arbeitserfahrurng in den USA zu sammeln. Nach meinem sechswöchigen Praktikum im Congress in D.C. stand also nun mein zweites Praktikum/Job auf der Agenda. Durch meine Hostmama Lauren habe ich Tammy kennengelernt, welche eine State Farm Agency im benachbarten Newton, IL und in Vincennes, IN leitet. State Farm, bekannt aus Werbespots mit Aaron Rodgers und Patrick Mahomes in Pausen von NFL Spielen, hat auch eine eigene Banksparte, welche vornehmlich als Onlinebank fungiert. Diesen Bankteil sollte ich für ca. vier Monate in unseren Agenturen übernehmen. Mit mehr als fairer Bezahlung, einem relativ kurzen Arbeitsweg von 25 bzw. 35 Minuten mit dem Auto und einem super netten Team blickte ich der ganzen Geschichte äußerst positiv entgegen.
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The second part of the exchange program aims to gain practical work experience in the USA. After my six-week internship in Congress, my second internship/job was about to start. Through my host mum Lauren I got to know Tammy, who runs a State Farm Agency in Newton, IL and Vincennes, IN. State Farm, known from commercials with Aaron Rodgers and Patrick Mahomes, also has its own banking division, which is mainly an online bank. I was supposed to take over this banking part for about four months in our agencies. With more than fair payment, a relatively short commute of 25 or 35 minutes by car and a super nice team, I looked forward to my new chapter in the U.S.
Decision Day:
Ich fuhr nichtsahnend zur Arbeit. War wie immer spät dran und kämpfte mich durch das Nebelmeer. Auf dem Weg bemerkte ich schon wie mein Handy ungewöhnlich oft, aufgrund von neuen Nachrichten, vibrierte (ansonsten bin ich eher so ein semi beliebter Kerl, der nicht so oft Nachrichten bekommt). Das könnte nun entweder an der von mir am Vorabend herumgeschickten Broadcast Nachricht liegen oder aber an einem neuem Ereignis aus welchem diverse Mitteilungen resultieren. Auf der Arbeit angekommen sah ich dann einen Screenshot einer E-Mail, die den Programmabbruch für die US-Austauschstudenten in Deutschland aufgrund von Corona erklärte. „Offiziell scheint die Situation in Europa schlimmer zu sein als in den USA und Trump’s Einreiseverbot für Europäer scheint der Ausgangspunkt für die Rückholaktion gewesen sein. Demzufolge macht es sogar halbwegs Sinn die Amerikaner zurückzuholen.“ In unserer PPP Whatsapp Gruppe, in der alle deutschen Teilnehmer drin sind, fingen auch wir Deutschen an uns Sorgen zu machen. „Wir werden ja wohl nicht zurückgeschickt oder? Das würde null Sinn machen.“ Dazu kamen dann Aussagen wie: „als ob die uns zurückschicken, das wäre viel zu viel Aufwand“ oder „Auf dem Rückweg kann unser Jet dann ja noch nen Abstecher Richtung Hawaii machen“ oder „Ich mach auf Mexikaner und bleib einfach hier.“ Niemand ahnte ernsthaft, dass wir in wenigen Minuten den Programmabbruch per E-Mail mitgeteilt bekommen.
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I left for work without any idea what the day would bring. I was late as usual and fought my way through the fog. On the way I noticed my cell phone vibrating unusually often due to new messages (otherwise I’m more of a semi-popular guy who doesn’t get messages that often). This could either be due to the broadcast message I sent the night before or due to a new situation that resulted in several messages. Arriving at work I saw a screenshot of an email explaining the cancellation of the program for the US exchange students in Germany due to Corona. „Officially the situation in Europe seems to be worse than in the US and Trump’s travel ban for Europeans seems to be the starting point for the retrieval action. Therefore, it makes even a little bit of sense to bring back the Americans.“ In our PPP Whatsapp group, which includes all German participants, we Germans also started to worry. „We’re not being sent back, are we? That would make zero sense.“ After that some other statements followed in our group chat: „They will never send us back, they would have to put in way too much effort and expenses“ or „On the way back our jet can make a detour to Hawaii haha“ or „I will pretend to be Mexican then I can just stay here. Nobody seriously thought that we’d get an e-mail in a few minutes telling us that the program was also canceled for us effective immediately and we have to fly home asap.
Diese Nachricht war so ein Schock, dass ich erstmal, unter Tränen, Lauren, Rob und Mama und Papa in Deutschland anrufen musste. Danach sprach ich mit meiner deutschen Bundestagsabgeordneten und mit dem Chief of Staff meines US-Representative, mit welchem ich in D.C. viel Zeit verbracht habe. Ich krammte alle Visitenkarten, die ich in D.C. gesammelt hatte, heraus und rief einen nach dem anderen an, schrieb zig E-Mails und textete Mailboxen voll. Nebenbei klingelte auch im Minutentakt mein Telefon. Ich glaube ich habe noch nie mit so vielen Menschen an einem Tag telefoniert wie am 12. März 2020. Ein Tag der in der Kategorie schlimmster Tag meines Lebens seines Gleichen sucht (Ich weiß ich sollte auf Holz klopfen und beten, dass auch nie ein Tag schlimmer wird als dieser). Ja, ich weiß auch, dass ich irgendwann sowieso zurückgemusst hätte, dass ich trotzdem 7,5 wunderschöne Monate in den USA verbringen durfe und dass diese Corona Pandemie ernst und gefährlich ist. Ich habe mit vielen anderen Teilnehmer nach mehreren Stunden des Kampfes eingesehen, dass diese Entscheidung ultimativ und von politisch höchster Instanz getroffen wurden ist. Nach der Phase des Trotzes kam die Phase der Resignation. Aber ich denke meine Gefühlslage ist verständlich. Wir sind alle guten Gewissens zur Arbeit gefahren, haben Pläne geschmiedet, Flüge und Events in den USA gebucht und plötzlich ist alles wie weggeblasen. Innerhalb von zwei Tagen unser Auto zum Bruchteil vom Einkaufspreis zu verkaufen, Mobilfunktarif stoppen, Versicherung kündigen, Bankkonto auflösen, geplante Flüge und Ausflüge stornieren, Vollmachten erteilen, Koffer packen und am aller wichtigsten deinem gesamten Umfeld „Tschüß bis auf unbestimmte Zeit“ sagen. Der Flug war terminiert für Sonntag, meine Vermutung war gewesen, dass wir wenigstens bis kommenden Mittwoch Zeit hätten, aber anscheinend war dies der letzte Flug für die gesamte kommende Woche nach Deutschland. Das Programm wird nicht fortgesetzt sobald sich die Lage entspannt, sondern mit dem Verlassen der USA wird es für den Jahrgang 2019/2020 vorbei sein. Im August waren wir, 75 Teilnehmer, noch voller Tatendrang, Abenteuerlust und Reisefieber aufgebrochen umso bitterer ist das abrupte Ende. Es ist einfach super frustrierend. Außerdem kann man auch einen „Schuldigen“ finden. Diese Corona Pandemie ist leider eine ganze neue Hausnummer, die in der Geschichte der modernen Welt ihresgleichen sucht.
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It was such a shock that I called Lauren, Rob and mum and dad in Germany with tears in my eyes immediately. After that, I spoke with my German Bundestag member and called my U.S. Representative and spoke with his Chief of Staff. I dug out all the business cards of contact persons I had collected in D.C. and called them one by one, wrote emails and spoke on several mailboxes. My phone rang every minute. I don’t think I’ve ever talked to so many people in one day as I did on March 12, 2020, a day which is without any competition officially the worst day of my life so far (Yes I know that I am very blessed that I did not have any worse days in my life). Yes, I also know that at some point I would have had to go back anyway, that I should still be thankful for the last seven wonderful months I had in the USA and that this Corona Pandemic is serious and dangerous. But I think my feelings are just as understandable. We all drove to work with a clear conscience, made plans, booked flights and events in the USA for the next months and suddenly everything is blown away. Within two days we had to sell our car for a fraction of the purchase price, stop the cell phone plan, cancel all insurances, close bank accounts, cancel planned flights and trips, give a power of attorney to our host parents, pack all our stuff into two suitcases and most importantly say „goodbye indefinitely“ to your entire social environment. After several hours of fighting for our stay, I and many other participants realized that this decision is ultimate and has been taken by the highest political authority. After the phase of defiance came the phase of resignation. The flight was scheduled for Sunday, my guess was next Wednesday, but apparently this was the last flight for the whole coming week. The program will not be continued as soon as the situation eases, but with the leaving of the USA, it will be over. In August we, the 75 German participants, were full of energy, adventurousness, and eagerness to travel and meet new people in the U.S. On Sunday, March 15, this adventure found an abrupt end in an airplane crossing the Atlantic Ocean towards Europe. It is just super frustrating and difficult to find someone to blame. This Corona Pandemic is a new level and neither me nor any of you have ever experienced such a situation. Especially because this virus shortened my American dream I will do everything to help to stop this virus.
Last day in Olney, IL:
Ich habe mich tatsächlich zwei Tage vorher angemeldet um dann zu kündigen…// Seriously, I signed up only two days before I had to cancel my membership again.
Später am gleichen Tag // Later that night:
Abschied // Farewell:
Dann ging alles ganz schnell…// Then everything happened way to fast…
Von Olney mit dem Auto nach Indianapolis und dann mit den Flieger zum JFK nach New York City. Gegen Abend würden wir dort letztlich mit dem Endziel Frankfurt abheben.
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From Olney by car to Indianapolis and then by plane to JFK in New York City. In the evening we took off to our final destination Frankfurt.
Flug // Flight:
Zurück in Deutschland // Back in Germany:
Das Wiedereinleben in Deutschland // The process of settling in at home in Germany
Fazit // Summary:
Leute, bitte bewerbt euch für das PPP/CBYX Programm. Es war mit Abstand das geilste Jahr (sieben einhalb Monate klingt halt doof) meines Lebens. Ich kann garnicht dankbar genug sein an diesem Programm teilgenommen zu haben.
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Guys, please apply for the PPP/CBYX program. I had by far the best year of my life (the best seven months sounds just not right…). I cannot be thankful enough for being part of this program.
Ich bin für die letzten sieben Monate unglaublich dankbar. Ich glaube, dass diese Reise mich zu einem besseren Menschen gemacht hat und mir in vielerlei Hinsicht geholfen hat zu wachsen. Auch wenn das Abenteuer vier Monate vor dem regulären Datum endet konnte ich 24 US-Staaten besuchen und Anfang letzten Jahres konnte ich drei weitere Staaten abhaken. Nicht schlecht, denke ich. Aber das bedeutet auch, dass noch 23 weitere folgen werden! Ich bin sicher, dass diese Erinnerungen ein Leben lang anhalten und ich als bald wieder in den USA verweilen werde. Ich kann mir mittlerweile ein Leben ohne PPP nicht mehr vorstellen.
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I am incredibly grateful for the last seven months. I do believe that this journey made me a better human being and helped me grow in so many ways. Even though it ended four months short I was able to visit 24 states this exchange year and went to three additional states at the beginning of last year. Not bad I guess. But that means that 23 more to go! I am certain that these memories will last for a lifetime and that I will be back as soon and as often as possible. I cannot think about a life without this exchange year and all the people I met.
Wie geht es weiter? // What are the next steps?
- In Selbstquarantäne begeben. // Go into self-quarantine at home.
- Arbeitssuchend und arbeitslos melden, um vor allem kranken- und rentenversichert zu sein. // Sign up as unemployed to get free health insurance.
- ALG Antrag stellen. // Apply for unemployment benefits.
- Zum Friseur gehen solange es noch geht. // Go to the barbershop as long as it is still open.
- Mein Zimmer aufräumen. // Clean up my room completely.
- Nach einem Zwischenjob umsehen. // Look for a temporary job.
- Beten, dass sich die Lage entspannt. // Pray for an end of the corona pandemic.
- Möglichst vor Oktober noch ein bis zwei Monate in die USA reisen. // Try to travel back to the U.S. for one or two months if possible before Oktrober.
- Ab Oktober studieren. Wo und was ist noch offen. // Start university in Germany in October. Location and subject not fully decided yet.
Meine Motivation den Blog weiterzuführen ist ehrlich gesagt nicht allzu groß. Es war mir eine Freude diesen Blog in den letzten sieben Monaten zu schreiben. Es hat mich viel Zeit, Mühe, Schweiß, Tränen, Schlaf und wunde Finger gekostet, aber dass war es allemal wert.
Das Ende des Programms heißt aber nicht das Ende aller Beziehungen. Freunde, Familie und Bekannte, welche in den letzten Monaten gefunden wurden bleiben ein Leben lang. Ich plane nicht nur regelmäßig den Kontakt zu halten sondern auch in einem stetigen Rhytmus vorbei zu kommen.
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To be honest, my motivation to continue my blog is not too great. It was a pleasure to write this blog in the last seven months. It took me a lot of time, effort, sweat, tears, sleep, and sore fingers, but it was worth it.
The end of the program does not mean the end of all relationships. Friends, family, and acquaintances found in the last few months will remain for a lifetime. I plan not only to keep in touch regularly but also to come by in a steady rhythm.
Haltet die Ohren steif in und bleibt gesund, ich genieße jetzt erst einmal meine zwei Wochen in Selbst-Quarantäne.
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Take care everyone and stay healthy. I will „enjoy“ the next two weeks in self-quarantine.
Ich bin ultimately over and out!
Macht’s besser! See y’all!
Euer Nikolas
Vielen Dank für den tollen Blog. Ich habe diesen immer gerne gelesen und fand es einen super Service für Deine Hosts, dass Du diesen zweisprachig gemacht hast.
Ärgere Dich nicht über die verlorenen 4 Monate, sondern freue Dich über alles erlebte.
Gruß
Georg
Vielen lieben Dank, Georg!
Mittlerweile überwiegt auch die Dankbarkeit, wenn gleich der Abschied natürlich sehr plötzlich kam.
Liebe Grüße an Caro und bis denne!